Mann und Frau umarmen sich

Echte Nähe lässt sich nicht klicken

Jürgen Ferrary
4. Juli 2025

1986 investierte ich all mein Geld und fuhr für drei Wochen zum Schüleraustausch in die USA. Unsere Schule hatte eine Partnerschule in Arkansas, und es wurde die aufregendste Zeit, die ich bis dahin erlebt hatte. Ich hatte eine wundervolle Gastfamilie – und wollte unbedingt den Kontakt halten.

Aber das war damals gar nicht so einfach. Briefe brauchten mindestens eine Woche, oft zwei. Anrufe waren wahnsinnig teuer. Ich erinnere mich, wie ich zwei 5-Mark-Stücke in einen Münzfernsprecher warf – das reichte für etwa eine Minute Gesprächszeit.

Heute ist Kontakt halten viel einfacher: E-Mails, Chats, soziale Medien – eine Nachricht geht in Sekunden um die halbe Welt. Und so lassen wir die Welt wissen, was wir tun, denken, essen und erleben. Aber wenn wir ehrlich sind, wissen wir auch: Das ist nicht dasselbe, wie wirklich zusammen zu sein und Leben zu teilen.

Ein Beispiel: Geburtstage. Facebook erinnert uns daran – und schlägt gleich einen Gruß vor, den wir nur noch anklicken müssen. Ist das dasselbe, wie wirklich an jemanden zu denken und ihm eine persönliche Nachricht zu schreiben? Wohl kaum.

Es ist ein Unterschied, ob ich per Video sehe, wie das Baby eines Freundes geboren wurde – oder ob ich es selbst auf dem Arm halte. Ob ich mich in einen Geburtstags-Call einwähle – oder tatsächlich mit am Tisch sitze und den Kuchen schmecke.

Versteh mich nicht falsch: Ich liebe Technik. Ich bin dankbar, dass ich dadurch mit Menschen verbunden bleiben kann, die ich sonst aus den Augen verloren hätte. Aber diese Form von Kontakt hat auch Schattenseiten.

Ich kenne Menschen mit hunderten „Freunden“ in sozialen Netzwerken – aber im echten Leben sind sie einsam. Digitale Nähe ersetzt keine echte. Zudem wird die Leichtigkeit digitaler Kommunikation auch ausgenutzt: Fake-Profile, Phishing-Nachrichten, Betrugsversuche im Namen von Banken oder angeblichen Enkeln. Die Liste ist lang – und traurig.

Und es gibt noch ein anderes Risiko: Du wirst nicht erkennen, ob jemand Christ ist, nur weil er Bibelverse postet. Besonders seit Corona haben viele entdeckt, wie wertvoll digitale Formate sind – auch für Glauben und Gemeinde. Livestreams von Gottesdiensten oder Predigten erreichen viele Menschen. Das ist gut – aber es ersetzt keine echte Gemeinschaft.

Paulus schreibt: „Eure Liebe soll aufrichtig sein. Und wie ihr das Böse hassen müsst, sollt ihr das Gute lieben“ (Römer 12,9 HfA).

Weißt du, woran Menschen merken, dass du sie wirklich liebst? Nicht an deinen Statusmeldungen. Sondern daran, wie du ihnen begegnest. Ob du Zeit für sie hast. Ob du mit ihnen weinst, feierst, aushältst.

Echte Liebe kann man nicht posten – man muss sie leben.

Sie zeigt sich in Nähe, in Fürsorge, in echtem Interesse. Und wenn andere diese Liebe in dir sehen, dann sehen sie nicht dich – sie sehen Jesus.

Andere werden dich nicht an deinen Likes erkennen.
Sie werden dich an seiner Liebe erkennen.

Sei gesegnet!

„Man kann keine Umarmung per E-Mail verschicken“ (unbekannt).

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